Buchtipp vom

Caroline Zoob: „Die Gärten der Virginia Woolf“

"Wohlgefallen an Größe & Form & Fruchtbarkeit". Virginia Woolf und der Garten in Rodmell
Gärten der Virginia Woolf
Caroline Zoob: „Die Gärten der Virginia Woolf“
DVA
176 S., 29,99 €

Am Donnerstag, 3. Juli 1919, ist im Tagebuch der Virginia Woolf (1882 bis 1941) erstmalig Monk's House in Rodmell (Sussex) erwähnt. Bei der ersten Besichtigung gab es noch einige skeptische Einwände gegen die Räumlichkeiten. Lediglich der Garten konnte begeistern und Leonard und Virginia Woolf empfanden tiefes Wohlgefallen an der Größe & Form & Fruchtbarkeit & Wildheit des Gartens. Eine Begeisterung, die schließlich ein Leben lang anhalten sollte.

Monk's House wurde gekauft und der Garten die Leidenschaft des Hausherrn Leonard, der daraus ein gärtnerisches Paradies schuf. Für Virginia wurde dieser außergewöhnliche Garten mit seiner wunderbaren Architektur, mit seinen Pflanzen, Blumen und Bäumen zu einer Quelle der Inspiration. In dem kleinen Gartenhaus schrieb Virginia Woolf einen Großteil ihrer Bücher. Und immer wieder fand der Garten Einlass in die Romane, in Briefe und in Tagebücher. Hier wurde Virginia Woolf zu einer der ganz großen Autorinnen, zu einer Schriftstellerin der klassischen Moderne. Hier trafen sich Freunde und Verwandte des Ehepaars Woolf und nicht zuletzt die berühmte Bloomsbury Group, und hier wurde - wenn man so will – ein bedeutendes Stück Literaturgeschichte geschrieben.

Über alles dies schreibt Caroline Zoob kenntnisreich und sehr einfühlsam. Seine Authentizität erhält dieser sehr schöne Band auch dadurch, dass die Autorin, die in mehreren Artikeln von der Entstehung dieses Gartens erzählt, den sie aus eigener Anschauung kennt. Zehn Jahre hat Caroline Zoob in Monk's House gelebt. Sie hat mit ihrem Mann nicht nur hier gelebt, sondern den Garten gehegt und gepflegt.

Wenn immer wieder einmal vom sogenannten genius loci gesprochen wird - in Monk's House und in diesem Garten bei Rodmell ist dieser Geist des Ortes wohl zu finden und zu spüren. Und auf eine besondere Weise auch in diesem Text- und Bildband von Caroline Zoob und Caroline Arber. Neben den durchweg informativen Texten von Caroline Zoob sind es die wunderbaren Fotos von Caroline Arber, die ein lebendiges Bild von Monk's House und dem Garten zeigen – bunt und bezaubernd und stimmungsvoll.

Nun weiß der Leser aus vielen Büchern schon recht viel über diesen Garten und über die, die in Monk's House gelebt haben. Vor allem über die ursprünglichen Besitzer Virginia und Leonard Woolf. Caroline Zoob allerdings stellt in ihrem Buch erstmals den Garten in den Mittelpunkt - und ergänzt so auf sehr anschauliche Weise unser Wissen, auch unser Wissen um die Zusammenhänge zwischen dem Werk der Virginia Woolf und diesem wohl einzigartigen Garten.

Cecil Woolf, Neffe des berühmten Schriftstellerpaares, schreibt in einem Vorwort zu diesem Buch: Nur ein Epos der Gartenkunst könnte diesen kleinen Garten Eden, den ich in Erinnerung habe, wirklich gerecht werden.... Ein solches Epos ist dieser Band, dessen Fotos und Texte bei Cecil Woolf Erinnerungen an lange zurückliegende Besuche vor und nach dem Krieg, nach Virginias Tod wecken.

Von diesem Garten aus ging Virginia Woolf am 28. März 1941 in den Tod. Caroline Zoob schreibt: ... Virginia ... verfasste zwei unsagbar traurige Briefe an Vanessa und Leonard, ging hinab zum Fluss, füllte ihre Taschen mit Steinen und sprang ins Wasser. Sie muss gesprungen sein: Die Ufer der Ouse sind hoch und steil, das Wasser strömt in dem Gezeitenfluss mit Macht dahin. Der letzte Eintrag in ihrem Tagebuch betrifft noch einmal den Garten: L. kümmert sich um die Rhododendren.

Im Garten wurde Virginia Woolf auch beigesetzt – unter einer Ulme. Versehen mit einer Steintafel, auf der die letzten Worte des Romans Die Wellen zu lesen sind: Dir will ich mich entgegenwerfen, unbesiegt und ungebeugt, O Tod! Die Wellen brachen sich am Strand.

Nach Virginias Tod hat Leonard sich weiter um Haus und Garten gekümmert - bis zu seinem Tod 1969. Bis heute ist die Anlage nahezu unverändert geblieben – als ein Beispiel von inspirierter Gartenkunst und als ein Topos der Literatur.

Wir, die Leser, können uns vor allem Dank dieses schönen Buches mühelos in diesen Garten hineinversetzen, Leonard Woolf bei der Gestaltung und Pflege zuschauen und Virginia Woolf über die Schulter schauen, wenn sie, angeregt von den vielfältigen Eindrücken, die ihr der Garten vermittelt, an ihren Werken arbeitete. Sie, diese Werke – von Jacobs Zimmer und Mrs Dalloway, Zum Leuchtturm, Orlando und Die Wellen bis Zwischen den Akten können wunderbar parallel zu diesem Gartenbuch gelesen werden. Ebenso die Tagebücher und Briefe, die in diesem Garten, im Gartenhaus geschrieben wurden.

© Günter Nawe

Caroline Zoob: „Die Gärten der Virginia Woolf“
Deutsche Verlag Anstalt, 176 S., 29,99 €

Caroline Zoob: „Die Gärten der Virginia Woolf“
DVA, 176 S., 29,99 €

Gärten der Virginia Woolf

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