Buchtipp vom

Das Glück unter südlicher Sonne: Die Liebesgeschichte der Blandine von Bülow

Neumann Palermo

Bücher über die Wagners gibt es zuhauf. Sie füllen nahezu Bibliotheken. Wenig bekannt dagegen und von den Biografen und der Familie des Clans stiefmütterlich behandelt: Blandine von Bülow. Die Tochter von Hans von Bülow und Cosima Wagner, die Stieftochter Richard Wagners, tritt in der gesamten Wagner-Literatur kaum in Erscheinung.

Mit dem Roman-Debüt von Constanze Neumann soll sich das ändern. Die junge Blandine war mit der Familie, später allein, in den Jahren 1881/82  und 1897 in Sizilien, genauer in Palermo. Richard Wagner vollendete hier den „Parsifal“, seine letzte Oper;  Cosima als mater familias kümmerte sich ziemlich autoritär um ihre Töchter und sorgte sich vor allem um den Sohn Siegfried.

Am Rande des Wagner-Kosmos und unter dem „Himmel über Palermo“ beginnt Blandine ein aufregendes, ein neues Leben. Und damit sind wir im Roman der Constanze Neumann. Immer entlang der bekannten Fakten aus dem Leben und dem Umfeld der Wagners und anhand von authentischem Material sowie Notizen und Tagebüchern von Freunden und Bekannten erzählt die Autorin in eleganter und mitreißender Weise die Liebesgeschichte der Blandine von Bülow mit dem Grafen Biagio Gravina aus einem alten sizilianischen, aber total verarmten Adelsgeschlecht.

Die junge Frau erlebt die Zauber der Landschaft, von der sie selbst sagt, „Sizilien hat die Fröhlichkeit einer Welt ohne Winter“. Hier also genießt Blandine das gesellschaftliche Leben von Palermo, hier leidet sie aber auch unter der Grantigkeit und Egozentrik ihres Stiefvaters und der alles beherrschenden Mutter. Zu den Geschwistern, ausgenommen ihrer Schwester Diana, hat sie ein etwas distanziertes Verhältnis. Dafür gibt es Nähe zu Caterina Scalia, einer jungen Sängerin, und zu Enrico Ragusa, dem Hotelier und einer etwas schillernden und geheimnisvollen Persönlichkeit, in dessen Haus, dem „Hotel Des Palmes“, die Wagners logierten.

Die Achtzehnjährige ist fasziniert von den kirchlichen Festen und den großen rauschenden gesellschaftlichen Ereignissen, bei denen sich die „Crème de la Crème“ des Adels trifft. Beeindruckend der unverstellte Blick der mädchenhaften Blandine auf dieses Treiben um sie herum - dabei irgendwie auch auf der Suche nach sich selbst. Und irgendwann verliebt sie sich in den Grafen - ebenso mädchenhaft wie leidenschaftlich. Constanze Neumann zeichnet eine Art Psychogramm der jungen Frau. Sie findet dabei die richtige Balance zwischen Fakten und Fiktion und schafft so einen literarisch anspruchsvollen und außerordentlich gut lesbaren Roman. Und es gelingt der Autorin, die (Sekundär-) Literatur über den Wagner-Clan um einige interessante Aspekte zu bereichern und gleichzeitig ein Epochenbild der sizilianischen Gesellschaft zu zeichnen.

Nein, eine Idylle war das Leben  unter dem „Himmel über Palermo“ am Ende nicht. „Ob Blandine glücklich ist?“, fragt zweifelnd ihre beste Freundin Tina. Der Leser soll die Frage nach der Lektüre selbst beantworten. Blandine dagegen gibt ihre „eigene“ Antwort. Sie heiratet Biagio Gravina (in Bayreuth), die Familie Wagner verlässt endgültig Palermo. Blandine bleibt mit ihrem Grafen, einem echten Loser, auf Sizilien zurück, bekommt vier Kinder. Nach dem Tode Biagio Gravinas verlässt sie Sizilien.„Der Süden, das Land des Lichts und der Sonne, hat ihr kein Glück gebracht.“

© Günter Nawe

Constanze Neumann, „Der Himmel über Palermo: Blandine von Bülows große Liebe“. Goldmann Verlag, 224 S., 18,- €

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