Buchtipp vom

Julien Green

Treibgut

"Die Nachrichten aus Deutschland haben mich in eine düstere Stimmung versetzt. Unruhen im Rheinland. Wie an einem Roman arbeiten, während der Friede bedroht ist?"

notiert der Schriftsteller Julien Green im Jahr 1930 in seinen Tagebüchern. Nach ersten, triumphalen Erfolgen schreibt sich der Amerikaner in Paris aus einer Schaffenskrise heraus und verfasst den Roman "Treibgut", der 1932 erscheinen wird. Aber nicht von der äußeren Bedrohung Europas am Vorabend des Zweiten Weltkriegs ist in diesem Buch die Rede, sondern von ihrer inneren Gefährdung. Es erzählt von einer Welt, die längst aus den Fugen geraten ist, doch deren Bewohner es nicht wagen, sich der Realität zu stellen.

Es beginnt in einer Nacht in Paris, am Ufer der Seine. Eine Frau streitet mit einem Mann, ruft um Hilfe. Philippe hat sie gesehen, doch er macht einen Schritt rückwärts und geht nach Hause. Von da an steht fest, er ist ein Feigling. Wie soll er weiterleben zwischen seiner Ehefrau, die ihn verachtet, und seiner Schwägerin, die ihn heimlich liebt?

In schwebenden und feinziselierten Bewegungen lässt Green diesen dekadenten Parvenu durch die verwunschenen Pariser Straßen der Dreißigerjahre spazieren, wobei sich Mythologie, Symbolik, und eine gewisse realistische Gegenwärtigkeit der Stadt vermischen.

Nun liegt das Werk in einer neuen Übersetzung von Wolfgang Matz vor. Er hat Greens schwebende, sinnlich-synästhetische Sprache noch einmal neu in Fluss gebracht und damit an jenen Mythos geführt, der seit langem schon zum Autor gehört.

Ein Meisterwerk zum Wiederentdecken.

Hanser Verlag, 400 S., 28 €

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